Vor Gericht wird im Idealfall eine Schuld zweifelsfrei festgestellt. Sobald Zweifel nicht ausgeräumt werden können, wird das Urteil im Zweifel für den Angeklagten gesprochen. Er wird also nicht oder nicht so hart bestraft, als wenn seine Schuld zweifelsfrei erwiesen wäre. Dabei kann man fast an allem zweifeln: Am Guten, am Verstand des Menschen, an seiner Urteilsfähigkeit, seiner Liebe und Treue, seinen guten Absichten. Man zweifelt an Aussagen zum Klimawandel, am Zusammenhalt in unserem Land, an manchem Gemütszustand sowie an der Frische der Tomaten in der Gemüseauslage. Schlimm wird es, wenn man an Menschen zweifelt, die man liebt. Oder an ihnen sogar verzweifelt. Das ist zweifellos eine starke Anfechtung und ein unschöner Zustand.
Auch der christliche Glaube kennt Zweifel. Er gehört von Anfang an dazu. Thomas, einer der engen Kumpel von Jesus, bekam den unschönen Beinamen: Der Zweifler. Andere heißen: Der Schöne oder: Der Starke. Thomas aber ist: Der Zweifler. Als die anderen Kumpel Jesus nach seiner Auferstehung getroffen hatten, war Thomas nicht dabei. Vielleicht war er nur mal kurz an der frischen Luft oder brauchte einfach etwas Ruhe und Abstand. Oder er saß in der Eckkneipe und ertrank seinen Kummer. Jedenfalls war er nicht bei den anderen, als Jesus da war. Als Thomas davon hörte, zweifelte er das an und sagte: „Wenn ich nicht selber seine Wunden sehen und ihn anfassen kann, glaube ich euch das nicht.“ Dann eben nicht, hätte sich Jesus denken können. Als er seine Freunde das nächste Mal aufsuchte, war Thomas aber da und durfte Jesus mit eigenen Augen sehen und mit seinen Händen berühren. Seine Zweifel verschwanden.
Hat der es gut gehabt, denke ich manchmal. Denn hin und wieder bohrt der Zweifel schmerzhaft nach und stellt fiese Fragen: Meint Gott es wirklich gut? Hört er meine Gebete? Sieht er mich überhaupt? Ist er da, wenn ich ihn brauche? Hat mein Gottvertrauen einen Sinn? Musste dieses Unglück passieren? Zweifelsfreiheit gehört leider nicht zu den bleibenden Taufgeschenken. Deshalb werden wir damit leben müssen und trotz aller Zweifel nicht verzweifeln. Einmal kam ein verzweifelter Vater zu Jesus und erzählte ihm, dass sein Sohn seit seiner Geburt schwer krank sei. Er schien keine großen Hoffnungen auf Jesus zu setzen, aber er bat ihn dennoch, ihm zu helfen, wenn er könne. „Wenn ich kann?“, fragte Jesus. „Alles ist möglich, wenn du mir vertraust.“ Der Mann machte Jesus nichts vor und tat nicht so, als sei er völlig überzeugt davon, dass Jesus seinen Sohn heilen könne. Er antwortete ganz ehrlich: „Ich glaube. Hilf meinem Unglauben!“ Aber das war genug. Sein Sohn wurde gesund. Legen wir doch auch unsere Zweifel und unseren Kleinglauben in Gottes Hand und lassen uns überraschen, wie und wann er hilft.

Dieter Schütz / www.pixelio.de